Kostenoptimierung für Entwicklungsorganisationen

Steuern wir auf eine Rezension zu? Laut Business Insider sieht es für Deutschland nicht so schlimm aus wie befürchtet. Die Inflation führt jedoch dazu, dass zumindest zeitweilig der Konsum zurückgegangen ist – in Folge versuchen nun viele meiner Kunden ihre Kosten zu reduzieren. 

Ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis ist grundsätzlich erstrebenswert. Speziell im Umfeld von Softwareprodukten darf man jedoch nicht vergessen, dass Software immer einen relativ hohen Aufwand für Forschung und Entwicklung hat. Es ist schließlich der große Vorteil , dass das Produkt verbessert werden kann, während es bereits Umsätze erwirtschaftet. 

Sparmaßnahmen betreffen auch Entwicklungsabteilungen. Wie so häufig erwischte es zunächst die externen Dienstleister. Jetzt stellt sich für Produktmanager und Engineering Manager die Frage, wie sie ihren Beitrag zur EBITDA-Verbesserung leisten können – außer Personal abzubauen. 

Wie kann ich als Engineering Manager binnen 3 Monaten signifikant einen positiven EBITDA – Beitrag leisten? 

Einnahmen steigern

Es empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit mit Produktmanagement & Sales. 

1. Den Markt vergrößern 

Product Owner, Marketing, Sales – und weitere Mitarbeiter können in kurzen intensiven Brainstorming Sessions ihre Köpfe zusammenstecken und ihre Produkte aus neuen Perspektiven betrachten. Gibt es verwandte Kundengruppen? Kann unser Produkt internationalisiert werden? 

2. Heute Cashflow mit den Produkten von morgen schaffen 

Ich sehe immer wieder, wie zwar agile Methoden eingesetzt werden, Produktplanung und die gesamte Abwicklung aber dem traditionellen starren Muster folgen. Statt quick wins & learnings, big shots. 

Dass diese Produkte bereits viele marktfähige, und somit umsatzbringende, Funktionen bieten, ist selten auf dem Radar. Das große, abgestimmte Ziel zählt. 

Hinsetzen, prüfen, wie der aktuelle Stand angepasst werden kann, um marktfähig zu sein. Häufig mangelt es an der nötigen Distanz, Kreativität, die Kundengruppe anzupassen – oder schlicht dem Mut, mit etwas nicht perfektem an den Start zu gehen. 

Kosten senken

1. Infrastrukturkosten kritisch prüfen, Budgets setzen

Sind die Zeiten rosig und das Geld locker, kann sich einiges ansammeln. Einige Produktteams operieren noch komplett ohne Budgets. Es gilt, zu prüfen, welche Infrastrukturkomponenten unverzichtbar sind. Müssen bestimmte Umgebungen beispielsweise 24/7 laufen? 

2. Automatisierung & Prozesskosten 

Continuos Delivery ist seit vielen Jahren in aller Munde. Wie kontinuierlich kann wirklich geliefert werden? Wie sind die Laufzeiten von Build & Verification Prozessen? Hier liegt häufig viel Optimierungspotenzial brach.

Als Prozesskosten in Entwicklungsprojekten zählen meines Erachtens vor allem Opportunitätskosten. Die durch Verzögerungen und Engpässe entgangenen Gewinne, weil wir nicht schnell genug unsere Annahmen am Kunden testen konnten. 

3. Nebenprojekte finden & versenken 

Die wenigsten Engineering-Manager verfügen über eine vollständige Übersicht aller laufenden Entwicklungsvorhaben. Die Teams sind häufig nach Produkten gegliedert, aber jedes Team und viele Entwickler arbeiten an Nebenprojekten. Worauf wird Zeit verwendet? Im Rahmen von Engpass-Analysen und Turnaround-Mandaten empfand ich es als sehr hilfreich für 1-3 Wochen eine grobe Zeiterfassung einzuführen. Alle Projekte, die mehr als 30 Minuten Aufmerksamkeit erforderten, wurden notiert. In mehreren Unternehmen durchgeführt, kamen immer wieder interessante Nebenkriegsschauplätze zum Vorschein. Hier liegt Potenzial für Priorisierung, aber auch für enorme Performance-Steigerung! 

Mit der Liste zur Hand kann nun transparent eine Prioritätenfolge geschaffen werden. Mitarbeiter und Ressourcen können entsprechend verteilt werden. 

Das bedeutet auch, dass Projekte ohne validen Business Case bzw. Aussicht auf zeitnahen positiven Cashflow zeitweilig beendet werden. 

4. Personalabbau 

Nachvollziehbarerweise die unangenehmste Möglichkeit Kosten zu reduzieren, aber doch die Erste, die den meisten in den Sinn kommt, ist der Personalabbau. Betrachtet man die laufenden Personalkosten, ist das auch nachvollziehbar. So kommen schnell sechsstellige monatliche Aufwände zusammen. Ich nehme im Folgenden an, dass wir unpassende und schlecht performende Mitarbeiter bereits frühzeitig aussortieren konnten. 

Personalabbau ist eine wirtschaftliche Entscheidung. Jedoch selten so einfach, wie es im ersten Moment erscheint. Regelmäßig hat ein Abbau zur Folge

  • dass die Produktivität infolge der Unruhe für eine Weile einbricht,
  • ein strukturiertes Off-Boarding Zeit & Energie einnimmt, 
  • Mitarbeiter verlieren das Vertrauen in ihr Unternehmen und ihre Führungskraft, 
  • die besten Mitarbeiter beginnen regelmäßig zeitnah mit einer Marktsondierung, 
  • nicht selten werden Abfindungen oder sogar Arbeitsrechtsprozesse angestrebt. 

Überdies bemerken Kunden mittelfristig diese Veränderungen möglicherweise durch eine sinkende Qualität oder geringere Innovationsfähigkeit gegenüber Wettbewerbern. Hierdurch können mittel- bis langfristig bestehende Kunden abwandern. 

Es kann sein, dass keiner meiner genannten Punkte, oder alle zutreffen. Die genannten Aspekte haben jedoch konkrete wirtschaftliche Auswirkungen und müssen zwingend im Einzelfall in die Bewertung einbezogen werden. 

Zu Ergebnissen kommen

Es geht nur gemeinsam. 

Die Einnahmen lassen sich nur in enger Zusammenarbeit mit dem Produktmanagement, Sales & Co verbessern. Die Kosten liegen im eigenen Handlungsbereich, aber benötigen auch intensive Abstimmungen mit Mitarbeitern und Partnern. Womöglich liegt hier auch ein Grund, weshalb Anwendungsentwicklung noch immer als Kostenfaktor und nicht als Wertschöpfer wahrgenommen wird. Leider. 

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dürfen wir nicht vergessen, auch an morgen zu denken. Das bedeutet innovativ zu bleiben und uns nicht ins eigene Fleisch zu schneiden. 

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